Laufen und Krafttraining
Laufen ohne Krafttraining ist wie ein Sommer ohne Eis Essen
– möglich, aber nur halb so schön.
Ich werde oft gefragt, ob Läufer:innen wirklich auch noch Krafttraining machen sollen. Auf meine Bejahung erhalte ich diese weiterführenden Fragen: “Warum?”, “Wie?” und vor allem “Wann?”.
Deshalb möchte ich dir diese Fragen hier beantworten.
Vorteile von Krafttraining für dein Laufen
Warum ist es für Läufer:innen wichtig, zusätzlich zum Lauftraining auch noch Kraft regelmäßig zu trainieren?
Als großer Überbegriff lässt sich hier vor allem der Laufstil und die Laufökonomie hervorheben, aber es ist natürlich mehr als das.
Durch regelmäßiges zielorientiertes Krafttraining stärkst du deine Muskeln, was schon auf kurzen Distanzen deinen Laufstil verbessern kann. Das Wichtige hierbei ist, dass du durch das Krafttraining auch die Ermüdungsresistenz deiner Muskulatur trainierst. Dadurch kannst du bei längeren Distanzen bzw. Belastungsdauern deinen optimalen Laufstil beibehalten und beugst so Leistungseinbußungen, Überbelastung und Verletzungen vor.
Dazu zwei Beispiele, die dir vielleicht bekannt vorkommen:
Hast du schon mal die durchschnittlichen Laufstile bei Halb-Marathon Events beobachtet? Anfangs sehen die Laufstile kraftvoll und ökonomisch aus, hingegen am Ende der Laufdistanz kann man eher beobachten, dass Läufer:innen die Körperspannung nicht mehr optimal halten können und “in sich zusammensinken”. Natürlich ist es ganz normal, dass die Lauftechnik durch Ermüdung beeinträchtigt wird. Zielgerichtetes Krafttraining kann dies allerdings hinauszögern. Gesteigerte Leistung wird erbracht und das Überlastungs- und Verletzungsrisiko wird stark reduziert.
Weiters erzählen viele Läufer:innen von Rückenschmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich vor allem nach längeren – unbewohnt langen – Distanzen bzw. Belastungsdauern. Dies ist oft auf eine zu schwache Rumpfmuskulatur zurückzuführen. Ja, du hast es bereits erraten: Schwache Muskulatur lässt sich mit spezifischem Krafttraining wunderbar stärken und so Rückenbeschwerden vorbeugen.
Verbessern wir unsere Laufökonomie, laufen wir automatisch energiesparender. Das bedeutet, dass wir mit gleicher oder sogar weniger verbrauchter Energie schneller beziehungsweise weiter laufen können, was für viele Läufer:innen ein Ziel ist.
Gewisse Kraftübungen fördern außerdem unser Körperbewusstsein und unsere Koordination. Körperbewusstsein ist bedeutend um unser Lauftraining besser steuern zu können. Technische Daten, die deine Laufuhr aufzeichnet, sagen zwar viel aus, jedoch sind sie “nur” mathematisch berechnet und der subjektive Aspekt fehlt. Es wurde schon oft gezeigt, dass Anfänger:innen sowie Profisportler:innen verletzungsfreier unterwegs sind, umso besser das Körperbewusstsein und das Miteinbeziehen dessen in die Trainingsplanung ist.
Auch deine Koordinationsfähigkeit spielt eine bedeutende Rolle beim Laufen. Menschliche Bewegung läuft mit einer Kreuzkoordination ab: wir bewegen unwillkürlich den linken Arm mit dem rechten Bein und umgekehrt. Je besser unser Gehirn Signale an die benötigten Muskelketten beim Laufen senden kann = koordinieren kann, desto ökonomischer laufen wir und sind verletzungsfreier unterwegs.
Hast du gewusst, dass du mit Krafttraining neben deiner Muskelkraft und -koordination auch deine Beweglichkeit verbesserst? Führst du Kraftübungen mit einer idealen Bewegungsamplitude aus, optimierst du aktiv deine Beweglichkeit, was wiederum deinem Laufstil und deiner Laufökonomie weiterhin zugutekommt.
Zusammengefasst findest du hier die wichtigsten
Vorteile von Krafttraining für Läufer:innen:
- Laufstil und Laufökonomie
- schneller Laufen
- energiesparender Laufen
- Rückenschmerzen vorbeugen
- verringertes Verletzungsrisiko
- verbesserte Beweglichkeit
- verbessertes Körperbewusstsein und Koordination
Krafttrainingsmethoden speziell für Läufer:innen
Krafttraining ist nicht gleich Krafttraining. Also welche Arten des Krafttrainings sind besonders ideal für Läufer:innen?
Bevor du weiterliest, möchte ich dir noch etwas Wichtiges mitgeben: Ein “richtiges/falsches” Krafttraining für Läufer:innen gibt es nicht. Du findest hier lediglich eine Auswahl von Krafttrainingsarten, die dein Lauftraining fördern können. Neben den unten genannten Arten gibt es noch viele mehr, wie beispielsweise Schwimmen oder Bouldern/Klettern, die ebenfalls die Muskulatur stärken und nebenbei noch Koordination und Beweglichkeit steigern.
Krafttrainingsmethoden, die relevant für Läufer:innen sind:
- Funktionelles Krafttraining
Ein Training ist dann funktionell, wenn es die “Funktion erfüllt”, also wenn es die zielgerichtete Anforderung erfüllt. In unserem Fall ist das Krafttraining funktionell, wenn es die Muskelketten, die für die Laufbewegung benötigt werden, leistungsfähiger macht. Im Normalfall handelt es sich dabei um mehrgelenkige (= komplexe Übungen, die über mehr als ein Gelenk gehen) und freie Übungen (= Übungen werden “frei” ausgeführt, dh nicht an Geräten).
- Hypertrophie- und Maximalkrafttraining
Hypertrophie- und Maximalkrafttraining eignet sich ideal für Sportarten mit Eigenkörperbeschleunigung, wie z.B. Laufen. Durch den Kraftzuwachs und Verbesserung der intramuskulären Koordination verbessert sich die Laufökonomie und lässt uns mit weniger Energieaufwand schneller laufen. Hier sollten Ganzkörperübungen mit fürs Laufen wichtigen Muskelketten bevorzugt werden, wie Kniebeugen, Kreuzheben und Rudern. - Kraftausdauertraining
Zum spezifischen Kraftausdauertraining für die Sportart Laufen gehören auch die Methoden des Berglaufs, Bergintervalle und Treppenlauf dazu. - Sensomotorisches Training
Sensomotorik verbindet unsere sensorischen und motorischen Leistungen. Überall in unserem Körper befinden sich Rezeptoren, die Reize wie Berührung, Druck, Temperatur, Schmerzen, usw. wahrnehmen. Auf diese Reizaufnahme (= Sensorik) erfolgt eine Reizantwort in Form von Bewegung (=Motorik). Das bedeutet mit sensomotorischem Training wird die Steuerung und Kontrolle von Bewegungen trainiert. Dabei kommen vor allem labile und instabile Unterstützungsflächen zum Einsatz, sowie gezielte Gleichgewichtsübungen.
Ziele des sensomotorischen Training sind:- Aktivität der lokalen Stabilisatoren
- verbesserte Gelenkstabilisation und weniger Gelenksbelastung
- bessere intermuskuläre Koordination
- verbesserte Bewegungsqualität
- Verletzungsprophylaxe
- Leistungsoptimierung
- Plyometrisches Training
Plyometrisches Training verbessert den Dehnung-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) des Muskels. Bei plyometrischen Übungen liegt der Fokus auf dynamischen Bewegungen, bei denen nach dem Verlängern (Dehnen) des Muskels eine plötzliche, schnelle Verkürzung erfolgt. So wird bei Bewegungen mehr Kraft entwickelt, da der Dehnreflex und die gespeicherte elastische Energie genutzt werden.
Vereinfacht gesagt ist plyometrisches Training, im Speziellen in Bezug auf Lauftraining, ein Sprungtraining mit Auf- und Ab-, Seitwärts-, Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen. Schon allein bei den plyometrischen Grundübungen wie Squat Jumps und Burpees werden neben der Koordination und Kraft auch Stabilität, Mobilität, Explosivität und das dynamische Gleichgewicht trainiert. Somit verbessert sich die Sprungkraft, Sprintkraft und Handlungsgeschwindigkeit.
Das heißt, plyometrisches Training unterstützt dich besonders dabei, wenn es dein Ziel ist, schneller laufen zu können.
Welche Muskelgruppen sollten Läufer:innen trainieren?
Trotz des weit verbreiteten Glaubens, dass wir nur mit unseren Beinen laufen, erkläre ich dir jetzt: Wir laufen mit unserem gesamten Körper. Deshalb fällt die Antwort auf die Frage, welche Muskelgruppen genau fürs Laufen trainiert werden sollten, ganz einfach aus: alle – trainiere deinen ganzen Körper.
Anstelle einer Liste mit allen Muskeln deines Körpers, die beim Laufen mitwirken, findest du hier eine Liste von Muskel(gruppen), die sehr gerne beim Krafttraining, besonders von Läufer:innen, übersehen werden oder absichtlich ausgelassen werden.
Diese Muskelgruppen sollten unbedingt den Weg in dein Krafttraining finden, da sie eine wichtige Rolle im Bewegungsablauf beim Laufen spielen:
- Wadenmuskulatur
- Fußmuskulatur
- Beckenboden
- Hüftbeuger
- Rumpfmuskulatur
- Rückenmuskulatur
- Schulter- und Armmuskulatur
Bonus Information: (…weil, “Warum Armtraining?”)
Der Oberkörper spielt einen wichtigen Part in unserer Laufbewegung. Dass Stabilitätstraining und Training der Rumpfmuskulatur mindestens in einer ergänzenden Einheit zum Lauftraining enthalten sein soll, ist allseits bekannt. Doch warum die Arme trainieren?
Probiere es bei deinem nächsten Lauf einfach mal im Selbsttest aus: Laufe nur mit den Beinen, lass die Arme dabei ganz entspannt herab baumeln. Ich verspreche dir, du wirst sofort merken, wie wichtig Arme beim Laufen sind.
Wie oben bereits erwähnt, bewegen wir uns beim Laufen mit einer Kreuzkoordination. Dabei bauen unsere Arme Dynamik auf und geben den Laufrhythmus vor. Je schneller du deine Arme “mitschwingst”, desto höher wird deine Schrittfrequenz. Weiters sorgen starke Arme für mehr Antriebskraft und unterstützen deine Beine so bei schnelleren Geschwindigkeiten.
Ein starker Rücken und trainierte Schultern verbessern deine Laufökonomie, da du mit diesen Muskeln deine aufrechte Körperhaltung optimierst. Somit kannst du auch besser in den Brust- und Bauchraum atmen, was die Versorgung deiner Muskeln mit ausreichend Sauerstoff unterstützt.
Zeitmanagement: Laufen und Krafttraining
Jetzt fragst du dich bestimmt, wie du neben deinen Laufeinheiten auch noch so viele verschiedene Aspekte des Krafttrainings in deine Trainingswoche packen sollst?!
Die Frage zum Zeitmanagement lässt sich pauschal nicht beantworten, da jede:r unterschiedlich viel Zeit zur Verfügung hat, bzw. sich bewusst nehmen möchte.
Mindestens zwei Krafttrainingseinheiten in der Woche sind durchschnittlich ideal – natürlich abhängig davon, welches Laufziel du hast und in welcher Trainingsphase du dich gerade befindest.
Viele der oben genannten Krafttrainingsmethoden sind in verschiedenen Übungen wunderbar kombinierbar. Wenn diese Übungen zusätzlich mit einem individuellen Krafttrainingsplan, der den Lauftrainingsplan ergänzt, effektiv eingesetzt und umgesetzt werden, holt man auch bei kurzen Trainingseinheiten das Beste für den Körper dabei heraus.
Findet das Krafttraining am gleichen Tag wie ein Lauftraining statt, sollte das Krafttraining vor dem Lauftraining stattfinden. Diese Grundregel gilt nur in den meisten Fällen und ist abhängig von der geplanten Laufmethode und dem Krafttrainingsziel in der aktuellen Trainingsphase. Generell gilt, mit dem Training zu starten, bei dem du dich am stärksten konzentrieren musst. Beispiel: Aufwärmen – Plyo Training – kurzer lockerer Lauf – Abwärmen
Solltest du mal weniger Zeit in deiner Trainingswoche haben, konzentriere dich auf die Übungen, die deine Schwächen stärken. Dies sollte allerdings nur die Ausnahme sein. Im Idealfall arbeitest du an deinen Schwächen und Stärken, um deine Leistungen optimal zu verbessern.
Für weitere Unterstützung zum Thema Krafttraining trainiere mit uns beim Online Training! Mehrmals pro Woche finden online via Zoom Stabilitäts- und Mobilitätstrainings statt, in denen wir mit Kombinationsübungen aus Kraft, Koordination, Balance und Beweglichkeit trainieren. Hier geht’s zu den Terminen. Melde dich bei mir und sei gleich beim nächsten Training dabei!
Hast du weiterführende Fragen zum Thema Laufen und Krafttraining? Schreib mir gerne eine Nachricht!