Warum R U H E T A G E  dich stärker machen

Kennst du auch diese nervigen Trainer:innen, die ständig wiederholen, dass man Ruhetage im Training einplanen soll, dass man Pausen machen soll, und so weiter? Aber man möchte ja fit für den Halbmarathon in zwei Wochen sein, also wieso genau jetzt anstatt jeden Tag laufen zu gehen um Kilometer nach Kilometer abzuspulen, Pause machen?

Das Prinzip der Superkompensation

Lass mich dir anhand des Prinzips der Superkompensation erklären, warum auch ich eine dieser nervigen Trainer:innen bin.
Das Prinzip der Superkompensation besagt, dass nach einem gesetzten Trainingsreiz sich die Leistung in der Erholungsphase über das ursprüngliche Niveau steigert.

Puh, Okay, erklärt alles, oder?
Schauen wir uns das mit einer Grafik an, dann wird es besser verständlich:

In Abbildung 1 siehst du eine blaue Leistungskurve. Während du trainierst, werden deine Muskeln, dein Bewegungsapparat müde → die Kurve geht nach unten, da während des Trainings das aktuelle Leistungsniveau sinkt.
Nach dem Training kommt die Erholungsphase. Sie beginnt schon mit dem Cool Down und dem Duschen nach dem Training. In der Erholungsphase hat dein Körper Zeit auf den Trainingsreiz zu reagieren und da er nicht nochmals so müde wie nach diesem Training werden möchte, wächst er über sein Leistungsniveau hinaus und wird stärker.
Setzt du hier das nächste Training an, ermüdet dein Körper zwar bei der Aktivität, allerdings nicht mehr so stark wie das erste Mal und in der nächsten Erholungsphase kann er das Leistungslevel noch weiter verbessern.

Verkürzt du deine Erholungsphase, dann hat dein Körper nie die Möglichkeit sich vollständig vom Trainingsreiz zu erholen. Dadurch bleibt das Leistungsniveau immer das gleiche oder verschlechtert sich sogar → das Training fühlt sich immer schwerer an und dein Körper wird immer müder.

Genauso passiert es auch in die Gegenrichtung: Lässt du eine zu lange Pause zwischen den Trainingseinheiten, bleibt dein Leistungsniveau immer das selbe. Der Körper behält nur, was er wirklich braucht. Verwendest du z.B. deine Muskelmasse nicht, die er aufgrund des Trainingsreizes aufgebaut hat, baut er sie wieder ab und beim nächsten Training beginnst du wieder beim ersten Ausgangspunkt.

Du siehst, bewusst eingesetzte Pausen machen Sinn für deine Regeneration und für dein Trainingsziel.
Klingt ganz einfach, oder? Für das Verständnis, warum Regenerationsphasen wichtig sind, ist das Prinzip der Superkompensation ein gutes Tool. In der Realität ist es leider nicht ganz so einfach.

Kritik an der Superkompensation

In Abbildung 1 markieren die grünen Pfeile die Superkompensation und die Pfeilspitzen deutet auf den perfekten Zeitpunkt für den neuen Trainingsreiz hin.

Diesen perfekten Zeitpunkt gibt es nicht.

Unabhängig davon, welchen Trainingsreiz du gesetzt hast, der Körper reagiert mit mehreren Funktionssystemen darauf, die alle unterschiedliche Zeiträume zur Wiederherstellung haben. Beispielsweise ist der Zeitraum eines Muskels kürzer als der von Sehnen und Bändern. Somit gibt es viele verschiedene Leistungskurven, die alle voneinander abweichen und es somit unmöglich machen, den perfekten Zeitpunkt zu finden.

Weiters zeigt das Prinzip der Superkompensation nur biologische Prozesse und vernachlässigt kognitive Entwicklungen.
Zum Beispiel spielt das Erlernen von Bewegungsabläufen im Training eine bedeutende Rolle, lässt sich allerdings nicht in Leistungskurven darstellen.

Zudem vermittelt das Prinzip der Superkompensation, dass das Leistungsniveau unendlich weit gesteigert werden kann. In der Realität flacht die Leistungssteigerung mit der Zeit ab, auch wenn der Körper einem immer intensiveren und stärkeren Trainingsreiz ausgesetzt wird.

Aus diesen Gründen kann das Prinzip der Superkompensation nur als Modell betrachtet werden. Um die Erholungsphase den Zielen bewusst anzupassen, müssen Parameter wie Belastungsintensität, – dauer, Zeitpunkt im Trainingszyklus, Ausgangs-Leistungsniveau und weitere beachtet werden.

Die perfekte Erholungsphase

Wie deine perfekte Erholungsphase aussehen soll, kann dir pauschal  niemand beantworten, weil es einerseits von vielen verschiedenen Faktoren abhängt und andererseits auch von Erholungsphase zu Erholungsphase unterschiedlich sein kann.

Erholungsphasen können aktiv, passiv oder als eine Kombination aus aktiv und passiv gestaltet sein. Bei allen Varianten sollte der Körperbereich, der soeben trainiert wurde, die Erholung bekommen, die er benötigt.
Beispielsweise wird im Krafttraining oft in Ober- und Unterkörper Splits trainiert. Das bedeutet, dass an einem Tag die Muskulatur des Oberkörpers trainiert wird (Arme, Rücken, Bauch, Schulter, usw.) und am nächsten Tag liegt der Fokus auf dem Unterkörper (Beine, Po, Rücken, usw.). So trainiert man zwar an zwei Tagen hintereinander, allerdings gibt es einen Teil der Muskulatur, die nicht beansprucht wird und der Ruhe hat.
Neben einem Split Training können auch lockere Spaziergänge, lockere Radeinheiten, Stretching, und vieles mehr zu aktiven Erholungsmethoden zählen.
Zu passiven Methode der Erholung zählen unter anderem Massagen, Wechselduschen, Faszienrolle, und vieles mehr.

Wie aktiv oder passiv deine Erholungsphase sein soll und deren Dauer ist abhängig von: 

• deinem aktuellen Leistungslevel: Anfänger:innen benötigen eine länger Ruhephase als Profis
• der vorangegangenen Belastungsdauer: von einem 5km Lauf erholst du dich schneller als nach einer Marathondistanz
• der vorangegangenen Belastungsintensität: Es macht einen Unterschied, ob du intensive Intervalle oder einen lockeren Dauerlauf gelaufen bist.
• Tagesverfassung: dein allgemeiner Gesundheitszustands, Stresslevel, Ernährung, usw.
• Alter

Tools zur Unterstützung für deine Regeneration

Um die Regeneration bestmöglich zu unterstützen gibt es viele Möglichkeiten, darunter:

• Schlaf
• Ernährung
• Cool Down nach dem Training
• Massagen
• Wechseldusche
• Spaziergänge
• Schlaf (wird viel zu sehr unterschätzt, weshalb ich den Schlaf doppelt aufzähle)
• Sauna
• Meditation
• Entspannungsübungen
• …

Bedenke immer, dass die Erholungsphase und Erholungsaktivität, die bei anderen passt, vielleicht unpassend für dich ist und höre auf deinen Körper.
Wenn du dir unsicher bist, sprich mit einem erfahrenen Trainer:in darüber um Über- oder Unterforderung zu vermeiden. In einer guten Zusammenarbeit werden neben den Trainingsreizen auch die Regenerationsphasen besprochen, verfolgt und gegebenenfalls angepasst.

 

Setze deinen nächsten Ruhetag bewusst ein und nutze ihn um deine Regeneration zusätzlich zu unterstützen.
Wenn du weitere Fragen zum Thema Regeneration und Ruhetage hast, schreib mir gerne eine Nachricht.
Gerne stelle ich dir einen individuellen Trainingsplan auf und coache dich persönlich zu deinem Trainingsziel!